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Wo der Mauerpfeffer wächst

Der 10. Treffpunkt Klimakultur am Kitzbüheler Maurachhof

> Zwei Großmütter, fast achttausend Kilometer voneinander entfernt. Eine mitten in der slowenischen Steiermark, die andere mitten in der nigerianischen Sahelzone. Dieselben Worte. Haargenau dieselben. Wind, Hunger. Mit einem einzigen Unterschied: der Zeit.
Die Tuareg-Großmutter sprach im Präsens. Meine Großmutter sprach im Futur.
Vor sieben Jahren, als ich ihr sagt, dass ich mit dem Landwirtschaften anfange: „Der Hunger wird kommen, hör zu, was ich dir sage.“

 

Diese eindrucksvolle Szene stammt aus dem Roman Mauerpfeffer von Nataša Kramberger. Beim 10. Treffpunkt Klimakultur am 3. Juli 2025 nahm die Autorin die rund 50 Besucher:innen mit auf eine literarische Reise zu ihrem Bauernhof in der slowenischen Steiermark.

 

Sie erzählte vom Sprung ins Ungewisse – als Quereinsteigerin, als Stadtmensch, als Frau, die das Landwirtschaften neu lernen musste. Von dem Gefühl, in jeder Saison einem Wagen hinterherzulaufen, den man nie ganz einholen kann. Von schwierigen Nachbarn und dem Spannungsfeld zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft. Vom Klimawandel, der in Form von Extremwetterereignissen alles in Sekundenschnelle zunichtemacht. Und von einem Walnussbaum, bei dessen Fällen Wald und Himmel erzitterten.

Der Rahmen des Events konnte passender nicht sein...

Die Klimakultur Tirol lud gemeinsam mit dem Innovationsnetzwerk Kitzbühel in den Maurachhof in Kitzbühel ein. einen Ort, an dem Landwirtschaft und Kunst auf besondere Weise verschmelzen. Der ehemalige Stall des Hofes wurde in eine Kunstgalerie verwandelt, direkt am Fuße des Hahnenkamms, umgeben von luxuriösen Hotels. Drei Stockwerke ganz der Kunst gewidmet. Den Raum, in dem die rund 50 Gäste Platz nahmen, schmücken zahlreiche Gemälde von Wolfgang Capellari, die einen Hauch von mediterranem Flair in die Diskussionsrunde brachten.

 

Am Podium neben der Autorin: Helga Brunschmid (Landesbäuerin), Bettina Aufhammer-Straif (Bezirksbäuerin Kitzbühel) und Maria Pirnbacher (ehem. Bezirksbäuerin). Maria Schmidt, Koordinatorin für Umwelt- und Klimabildung in der Region, moderierte den Abend.

 

Die von Kramberger gelesenen Textstellen aus Mauerpfeffer öffneten Raum für persönliche Geschichten und gemeinsame Reflexion. Es ging um Landwirtschaft, Generationenwechsel, die Rolle von Frauen – und immer wieder um die Klimakrise.

Niemand auf dem Podium und im Publikum zweifelte daran, dass der Klimawandel längst da ist – spürbar, sichtbar, existenziell. Von vertrockneten Bächen und ausgetrockneten Seen war die Rede, von Ernteausfällen durch Dürre, Starkregen oder Hagel. Jede Bäuerin konnte an diesem Abend von ihren eigenen, oft schmerzhaften Erfahrungen berichten.

> Am 15. Juli 2023 um acht Uhr morgens – zwei Tage nach dem nächtlichen Weckruf – geschah das Unwetter, das unnachahmlich schien, ein zweites Mal. In vierzehn Minuten fiel auf unseren Bauernhof so viel Regen, wie für gewöhnlich in zwei Herbstmonaten zusammen. Alles ging unter, auch meine Geschichte. Sie sank weit und tief, denn sie bekam keine Rettungsweste mehr zu fassen.

 

Trotz all der unterschiedlichen Wege und Perspektiven – von Hof zu Hof, von Frau zu Frau – stand an diesem Abend das Gemeinsame im Mittelpunkt. Zusammengeschweißt durch ähnliche Erfahrungen, die sich so treffen und berührend in den Textstellen aus „Mauerpfeffer“ widerspiegelten.

 

Der 10. Treffpunkt Klimakultur zeigte eindrucksvoll, dass Klimawandel nicht abstrakt ist, sondern alltägliche Wirklichkeit – besonders für jene, die mit der Erde leben und arbeiten. Doch gerade in diesen geteilten Erfahrungen liegt auch eine große Stärke: der Wille, gemeinsam neue Wege zu gehen. Zwischen Walnussbäumen und Kunstwerken, zwischen Romanzeilen und Lebensrealitäten wurde spürbar, was Klimakultur bedeutet: Zuhören, Einfühlen und Verstehen.

> Als die Feuerwehrmänner gegangen waren, klingelte das Telefon. Oma: „Was treibt ihr denn?“ Meine Oma lebt genau auf der anderen Seite des Tals, sie sieht und hört alles, was auf unserem Bauernhof passiert.
„Nichts, Oma, wir haben die Walnuss gefällt.“ Und Oma: „Aha! Deshalb hat alles so gebrüllt!“
Und so sage ich euch: Meine Oma hat es gehört. Fünf Feuerwehrmänner haben es gesehen und gehört. Ich habe es gesehen und gehört und dabei auch ein bisschen gezittert.
Unsere Walnuss war, als sie fiel, nicht allein.
Und nicht nur das. Unsere Walnuss wusste, dass sie nicht allein ist.

info

Ein Großen DANKE an unsere Podiumsgäste und an Bianca Riegel und Beate Obermoser vom Maurauchhof, sowie Maria Schmidt vom Going Artenreich für die gelungene Kooperation.

Fotos: Klimabündnis Tirol

Foto: Innovationsnetzwerk Kitzbühel

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