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Ende gut, alles gut?

Anlässlich des ersten Treffpunkt Klimakultur 2024 luden wir am vergangenen Donnerstag zur Dernière von „JETZT! Das Theater mit der Zukunft“ ins Innsbrucker „Haus der Begegnung“.

Nach mehr als sechs Stationen in ganz Tirol feierte das von Armin Staffler (spectACT – Verein für soziales und politisches Theater) und Maria Legner sowie Lisa Prazeller (Klimabündnis Tirol) initiierte Forumtheater im Zuge einer ausgebuchten Vorstellung seinen Abschluss. Ein letztes Mal betraten fünf Schauspieler*innen die Bühne. Ein letztes Mal begrüßte der Spielleiter das Publikum. Ein letztes Mal wurde um „Entscheidungen mit Weitblick“ in einer auf den ersten Blick ausweglosen Situation gerungen.

 

So weit die mittlerweile bekannten Rahmenbedingungen, welche im Bericht zur letztjährigen Premiere nochmals näher für alle erklärt werden. Weit weniger bekannt hingegen ist das, was sich in den zwei Stunden nach Darbietung der insgesamt nur rund zehnminütigen Handlung immer wieder überraschend anders präsentierte: Die Interventionen des Publikums, das rund um den geplanten Bau einer Umfahrungsstraße in einem fiktiven Tiroler Dorf aktiv in die Geschehnisse auf der Bühne eingriff und mit Kreativität und Hingabe neue Handlungsoptionen für die scheinbar eingefahrenen Rollen auslotete.

 

Da konnte es schon mal passieren, dass der um die nächsten Wahlen bemühte Vizebürgermeister Franz ein offenes Ohr für seine durch die Erderhitzung verängstigte Tochter Anna fand (und dabei allerhand lernen konnte); dass der durch die Übernahme des väterlichen Betriebs überforderte Bauer Anton seiner in die Stadt geflüchteten Schwester Lisa auf der Wiese sitzend das Herz ausschüttete (und daran wachsen durfte); oder, dass die unter Druck geratene Wissenschafterin Patrizia sich aus den auf sie von allen Seiten einprasselnden Erwartungshaltungen durch das Ziehen von klaren Grenzen befreite (und folglich ihren Platz im komplexen Gefüge finden konnte) – die Wendungen an diesem Abend waren mannigfaltig.

 

Dass das gelingen konnte, liegt mitunter auch an den aufwändigen Vorbereitungsarbeiten, die dem Projekt vorausgegangen waren. Durch Workshops im ganzen Land wurden reale Geschichten und Ereignisse aus dem täglichen Leben von Tiroler*innen gesammelt und als Grundlage für die spätere Stoffentwicklung aufbereitet. So bot die von ehrenamtlichen Schauspieler*innen (bis auf eine Person allesamt Laien oder überhaupt zum ersten Mal auf einer Theaterbühne) erarbeitete Handlung unzählige persönliche Anknüpfungspunkte und Interventionsmöglichkeiten.

 

Diese Handlung wurde an diesem Abend von Darsteller*innen, ob in fixen Rollen oder temporär in die Geschichte verflochten, mit Mut, Kreativität, großer Hingabe und Improvisationstalent belebt und bereichert. Genauso, wie durch die Präsenz von Spielleiter Armin Staffler, der es mit Feingefühl verstand, allseits Orientierung und Vertrauen zu vermitteln und durch seine Fragen und Beobachtungen an die Darsteller*innen und das Publikum neue, reflexive Ebenen des dargebotenen Schauspiels eröffnete. Dies bot wiederum eine Analogie zum Leben abseits der Bühne, in welcher Austausch, Dialog und Beteiligung nämlich genau dann ihre ganze Kraft entfalten können, wenn sie mit Offenheit und entsprechendem Handwerk begleitet werden.

 

So unterschiedlich unsere Meinungen, Standpunkte und Strategien zur Lösung von Problemen auch sein mögen, so ähnlich sind unsere darunter versteckten Wünsche und Bedürfnisse. Etwas beitragen können, sich gesehen und gehört fühlen, Unterstützung erfahren und verletzlich sein dürfen – oft kommt es im Theater mit der Zukunft darauf an, auch im Angesicht vermeintlicher Gegenspieler*innen diese grundlegenden Gemeinsamkeiten zu erkennen, um Wege für Verbindung, gelungene Lösungen und Entscheidungen mit Weitblick zu ebnen. Voraussetzung dafür sind Begegnungs- und Verhandlungsorte, genau wie sie von allen Beteiligten an diesem Abend geschaffen wurden.

 

Das bewahrheitete sich auch bei dem auf die Aufführung folgenden Treffpunkt Klimakultur, welcher bei Drinks und Buffet Raum für Reflexion und Austausch bot. Das hauseigene Stammpublikum traf dabei auf Menschen aus Kunst, Kultur und Klimaschutz, durchmischt vom Theaterteam und der Kerngruppe Klimakultur. Gemeinsam wurden Erfahrungen kompostiert, um mit dem Ende des Forumtheaters wieder Nährböden für neue Spielereien (im besten Sinne!) zu bereiten.

1. Treffpunkt Klimakultur 2024 © Alena Klinger

Ausklang bei Buffet und Drinks © Alena Klinger