Das WEI SRAUM Designforum Tirol und dessen Geschäftsführer Stefan Klausner im Portrait: Über Design, das nicht primär auf Gewinnmaximierung, sondern auf Nachhaltigkeit abzielt. Und über ein Haus, das mit gutem Beispiel vorangeht.
Design mit Wirkung
Betrat man während der Ausstellung „Design with a Purpose (bis 11. April 2025) den WEI SRAUM, war ein stetiges Plätschern zu hören. Mit geschlossenen Augen konnte man meinen, ein kleiner Bach fließe durch den Ausstellungsraum. Dabei kam das Plätschern von einer Toilette. Das Exponat vom Industriedesigner Harald Gründl war Teil der Ausstellung.
„Die Toilette ist ein Prototyp und adressiert das Problem, dass 3,6 Milliarden Menschen weltweit keinen Zugang zu Sanitäranlagen haben. Der Urin-Trenn-WC Save! soll eine Lösung für diese Menschen anbieten“, erklärt Stefan Klausner das besondere Exponat. Klausner ist seit letztem Jahr Geschäftsführer des Designforums.
Die Idee hinter dem Raum in Innsbruck: „Wir machen Vermittlungsarbeit für Grafikdesign und visuelle Kommunikation, um mehr Bewusstsein für gutes Design zu schaffen.“
Und was ist gutes Design?
Die Ausstellung gab darauf eine Antwort: Gutes Design übernimmt Verantwortung. Die ausgestellten Exponate sind nicht nur schön anzusehen, sondern haben sich einem nachhaltigen Zweck verschrieben. Entweder durch die Idee dahinter, wie im Fall der Toilette, die für eine nachhaltige globale Entwicklung steht. Oder durch das verwendete Material, wie im Fall des Hängestuhls „Membran“, der in einer Ecke des Raums von der Decke baumelte.
Der Hängestuhl wurde aus alten Bauplanen gefertigt. Die Planen werden in ihre Einzelteile zerlegt und mit einer speziellen Maschine zu Seilen gesponnen. „Die Spinnmaschine konnten wir aus Platzgründen leider nicht ausstellen. Mir gefällt aber besonders gut die Idee hinter dem Projekt: Die Hängestühle wurden im Rahmen von Nachbarschafts-Workshops gefertigt, im Sinne eines guten Zusammenlebens“, so Klausner. So entstanden neben den hängenden Netzen auch soziale Netze. Auch das ist Nachhaltigkeit.
Im Haus und in den Köpfen
Wer einen Blick in das WEI SRAUM-Programm wirft, merkt schnell, dass die Ausstellungen und Vorträge immer einen gesellschaftspolitischen Anspruch haben, anstatt nur schönes Design abzubilden. Und auch im Haus selbst möchte das Team mit gutem Beispiel vorangehen. Das Designforum ist kürzlich Klimabündnis-Betrieb geworden und hat die Auszeichnung zur Green Events Location gemacht. Maßnahmen zum Nachahmen?
„Einige Maßnahmen sind für jede Kultureinrichtung leicht umzusetzen, wie zum Beispiel der Umstieg auf LED-Beleuchtung. Oder auch eine regionale Verpflegung. Hier arbeiten wir seit neuestem mit dem regionalen, genossenschaftlich organisierten Supermarkt Speis von morgen zusammen – Getränke und Snacks für Veranstaltungen besorgen wir dort.“
Design zur Rettung des Planeten?
Zurück in die Ausstellung „Design with a Purpose“: Auf der Website des Designforums heißt es dazu, dass „Design ein Werkzeug ist, das im Zuge der Zerstörung des Planeten entwickelt wurde.“ Mit anderen Worten, dass in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem Produktdesign zwangsläufig auf Gewinnmaximierung und nicht Umweltschutz abzielt. Die Designerinnen und Designer zeigen im Rahmen der Ausstellung, dass es auch anders geht. Aber ist verantwortungsvolles Design schon zum Mainstream geworden?
„Ich habe den Eindruck, dass Nachhaltigkeit in der Ausbildung von Gestalter*innen eine immer größere Rolle spielt. Und auch Awards – wie der Staatspreis Design – achten auf Nachhaltigkeitskriterien“, sagt Klausner.
„Grundsätzlich müssen wir uns die Frage stellen: Was brauchen wir wirklich und was kann wiederverwendet werden? Leider haben wir immer noch das Problem, dass es billiger ist, Sachen wegzuschmeißen, als zu reparieren und wiederzuverwenden. Besonders in der Baubranche wird das sichtbar, wenn ganze Häuser abgerissen und neu gebaut werden, anstatt das, was da ist, zu sanieren und zu nutzen“, sagt Klausner, der selbst gelernter Architekt ist. „Bei Häusern wie bei Produktdesign müssten wir darauf achten, woher die einzelnen Komponenten kommen und ob sie einfach zerlegt und wieder in den Produktkreislauf gebracht werden können.“
Mit Blick auf das Klimakultur-Jahresthema „Bleibefreiheit“ müssen wir uns also fragen: Welches Design, welche Produkte sollen bleiben in einer globalisierten Welt? Und was lassen wir lieber bleiben, um die Ressourcen unseres Planeten zu schonen?