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Green Events sind keine Kunst – ein Wegweiser

Stellen Sie sich vor, Sie besuchen ein Benefizkonzert. Es werden Spenden gesammelt für eine Umweltorganisation, die sich für saubere Ozeane einsetzt. Am Buffet gibt es Lachsbrötchen und die Getränke kommen in Plastikbechern daher. Irgendwas stimmt da nicht. Das Was und das Wie passen nicht zusammen.

Gut, das Beispiel ist sehr plakativ, aber Sie verstehen den Punkt: Viele Veranstaltungen haben thematisch einen gesellschaftspolitischen Anspruch, der sich nicht in der Veranstaltung selbst widerspiegelt. Und auch in der Kulturszene liegen das Was und das Wie häufig weit auseinander. Immer mehr Künstler*innen und Kulturtätige setzen sich in ihrer Arbeit mit der Klimakrise auseinander. Aber in der praktischen Umsetzung fehlt dann die ökologische Achtsamkeit.

 

Vom Wissen ins Tun zu kommen ist leichter gesagt als getan. Für die Veranstaltungsszene gibt es zum Glück Abhilfe: Beratungen und Zertifizierungen für Green Events. Ganze zehn Initiativen wickeln in Österreich Green Events ab. Sie sind durch das Green Events Austria Netzwerk verbunden. Die Anforderungen sind unterschiedlich, die Inhalte sind die gleichen: Werden bestimmte Kriterien bei der Organisation und Durchführung berücksichtigt, bekommt die Veranstaltung das Markerl „Green Event“. In Tirol ist die Klimabündnis-Initiative Green Events Tirol zuständig.

 

Und nein, nicht nur Veranstaltungen mit einem gesellschaftspolitischen Anspruch sollten sich um das Thema Nachhaltigkeit kümmern. Aber wie so oft sind es genau diese, die mit gutem Beispiel vorangehen müssen, damit andere nachfolgen. Was gilt es also zu beachten?

Der Anfang beim Abfall

Die naheliegendste Anpassung ist für viele der Umstieg von Einweg- auf Mehrweg-Becher. Zu Recht, weiß Stephanie Rauscher von Green Events Tirol:

„Durch die Verwendung von Mehrweg-Geschirr kann eine Veranstaltung enorme Ressourcen einsparen und unnötigen Abfall vermeiden.“

Green Events Tirol hat nachgewogen: Bei Veranstaltungen, die auf Mehrweg umgestellt und die restlichen Abfälle konsequent getrennt hatten, konnten 70 bis 90 Prozent des Restmülls eingespart werden. Das schlägt sich auch in den geringeren Entsorgungskosten nieder und bringt so einen finanziellen Vorteil.

 

Neben der Müllvermeidung gibt es noch viele andere Bereiche, denen sich ein Green Event widmen kann. Essen und Trinken – klar! Ungefähr ein Viertel unseres ökologischen Fußabdrucks geht auf das Konto der Ernährung. Ein Großteil davon wiederum auf tierische Lebensmittel, insbesondere Fleisch.

 

Ein vegetarisches oder veganes Verpflegungsangebot ist also nicht nur inklusiver, weil es eben jene Menschen anspricht, die sich fleischfrei ernähren, sondern auch klimafreundlich. Weithergeholtes macht sich ebenfalls nicht besonders gut – für den grünen Fußabdruck und auch für das Image. Exotisches Obst und Meeresfrüchte haben mittlerweile in unseren Breitengraden einen bitteren Nachgeschmack, Regionales liegt im Trend. Eine Selbstverständlichkeit für Anita Siller aus dem Stubaital in Tirol. Sie organisiert das „Picknick am Bauernhof“, das kürzlich vom Bundesministerium als eines der besten Green Events Österreichs ausgezeichnet wurde, und sagt:

„Bei unserem Bauernhof-Fest sind regionale Produkte das A und O. Da spielen uns die vier Ks des Stubaitals in die Hände: Knödel, Kiachl, Kuchen und Krapfen.“

Die wichtigste Zutat: Kreativität

Das gilt nicht nur bei Auswahl der Speisen. Die schönsten Green Events zeigen sich durch ihre Liebe zum Detail und in der Lust etwas Neues auszuprobieren. Gelungen ist das den Initiator*innen des „Krapoldi im Park“. Das Zirkusfestival bespielte im Sommer 2021 zum zweiten Mal den Rapoldipark in Innsbruck. Aus Natur- und Altstoffen wurde die gesamte Deko gefertigt, die den Park während des Festivals schmückte. Auch Schwemmholz aus dem nahegelegenen Sill-Fluss kam zum Einsatz, wie Walter Moshammer, Mitglied des künstlerischen Beirats beim Krapoldi, erzählt:

„Das Schwemmholz erzählt immer eine Geschichte. Es war uns wichtig, das Wasser und das Wipptal, durch das die Sill fließt, in das Festival hereinzuholen.“

Upcycling – also die Kunst, aus Altem etwas Neues zu machen – bietet den Veranstalter*innen von Green Events die günstige und ressourcenschonende Möglichkeit, Bühnenelemente, Möbel, Hinweisschilder und Dekorationen selbst herzustellen und gleichzeitig dem Event eine persönliche Note zu geben.

Die Location macht’s aus

Als Veranstalter*in in einer gemieteten Location ist der eigene Einflussbereich begrenzt. Strom- und Wasserversorgung, Barrierefreiheit und die öffentliche Erreichbarkeit sind oft nicht zu ändern. Deshalb fängt die Planung eines Green Events schon bei der Auswahl der Location an. Sogenannte „Green Locations“ werden unter anderem vom Österreichischen Umweltzeichen zertifiziert. Sie bieten einen idealen Rahmen für nachhaltige Events und nehmen den Organisator*innen dadurch eine Menge Arbeit ab.

 

Im besten Fall ist der Veranstaltungsort gut an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Gerade bei Veranstaltungen mit größerem Einzugsgebiet entstehen rund zwei Drittel der CO2-Emissionen durch die An- und Abreise der Besucherinnen und Besucher. Diese dazu zu bringen, mit den Öffis, dem Fahrrad oder zu Fuß zum Event zu kommen und nicht mit dem eigenen Auto, ist mitunter die größte Herausforderung.

 

Mit einigen Tricks können Veranstalter*innen aber Anreize dafür schaffen. Ganz einfach: Den Start- und Endzeitpunkt der Veranstaltung an die Taktung der Bus- oder Zugverbindung anpassen. Und idealerweise gleich auf der Einladung auf die günstigen Öffi-Verbindungen hinweisen. Noch besser: Alle, die umweltfreundlich anreisen, bekommen ein Willkommensgetränk geschenkt.

Green Events sind für alle da!

Die soziale Säule der Nachhaltigkeit spielt eine genauso wichtige Rolle wie die ökologische Säule. Der barrierefreie Zugang ist ein Teil davon. Rampen statt Stufen kommen übrigens nicht nur Menschen zugute, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, sondern auch Eltern mit Kinderwagen. Soziale Inklusion bedeutet aber noch viel mehr. Es geht darum, sich zu überlegen: Ist mein Fest wirklich für alle offen? Wie kann ich Menschen erreichen, die sich nicht direkt angesprochen fühlen oder nicht so gut deutsch sprechen? Können auch jene teilnehmen, die kein Geld für Eintritt bezahlen können? Und ist das Programm so gestaltet, dass Frauen genauso wie Männer miteinbezogen werden?

“Wir wollten ein Festival für alle schaffen, ein großteils kostenfreies Kulturangebot im Park, barrierefrei zugänglich für Menschen jeden Alters und jeder Herkunft.“
(Walter Moshammer)

Und dann: Lorbeeren ernten

Ist es mehr Aufwand ein Green Event zu organisieren als eine herkömmliche Veranstaltung? Wahrscheinlich schon, zumindest beim ersten Mal. Lohnt sich der Aufwand? Ja, in jedem Fall. Viele kleine Maßnahmen leisten im Großen einen Beitrag zum Klimaschutz und ändern den Charakter eines Fests, eines Konzerts oder einer Vorstellung. Oft entsteht durch die Einsparung von Ressourcen – wie Abfall, Wasser und Strom – auch ein finanzieller Vorteil und es bleibt mehr Geld für die Künstlerinnen und Künstler oder die Organisator*innen. Die Gäste profitieren unterm Strich von einer Qualitätssteigerung: Getränke aus Gläsern statt aus Plastikbechern. Wenig Abfall statt Müll am Boden. Regionales, gesundes Essen statt Convenience Food. Und ein gutes Gewissen, Teil eines Green Events zu sein.

Vom großen Musikfestival bis hin zum kleinen Bergbauernfest, von der Theateraufführung bis hin zum Blaskapellen-Konzert. Mit dem Willen, etwas zu verändern, und einer Portion Kreativität kann jedes Event ein Green Event werden. Erfolgreiche Beispiele gibt es mittlerweile wie Plastik im Meer – ok, das war jetzt zynisch.

Made in Tirol: Das Klimabündnis kümmert sich hierzulande um die Beratung und Auszeichnung von Green Events. © Die Fotografen

Anita Siller ist die Drahtzieherin des "Picknick am Bauernhof" im Stubaital – ein ausgezeichnetes Green Event. © Untersillerhof

Das etwas andere Give-away: Wer eine Erinnerung ans Krapoldi mit nach Hause nehmen wollte, konnte einen Hammer aus Treibholz erstehen. Jedes Stück ein Unikat. © Die Fotografen

Barrierefreiheit, Inklusion und Geschlechtergerechtigkeit sollten bei einem Green Event großgeschrieben werden. © istock.com